BAUBRANCHE =

MÄNNERBRANCHE?

Die Baubranche ist eine der Branchen, die als besonders männerdominiert gilt. Doch auch hier nimmt der Frauenanteil von Jahr zu Jahr zu. 

Wir haben unterschiedliche Frauen aus der Baubranche mit unterschiedlichen Berufen und unterschiedlichen Lebenswegen getroffen und uns über das Thema "Frauen in der Baubranche" unterhalten.

Warum haben sie sich für diese Branche entschieden? Wie war ihr Weg? Welche Hindernisse konnten sie meistern? Was waren ihre spannendsten Projekte? Wie sehen sie das Thema "Frauen in der Baubranche"? Was würden sie EinsteigerInnen oder generell anderen Frauen raten? Wo sehen sie die größten Chancen?

 

Nicole_Bode-May

Dipl.-Ing. Architektin AKG Nicole Bode-May
Senior-Projektleiterin I PL Architekten

"Je diverser ein Team ist, desto unterschiedlichere Mindsets kommen zusammen, desto mehr mehrdimensionales Denken bekomme ich und desto mehr kreativen Input. Und ich gewinne durch eine Auseinandersetzung, denn wenn alle gleich ticken, dann gucken alle in die gleiche Richtung und sehen nicht, was rechts und links ist. Und so bekomme ich nicht die besten Lösungen."

Nicole Bode-May ist seit über 30 Jahren Architektin, spezialisiert auf Gesundheitsbauten. Nach ihrem Architekturstudium an der RWTH Aachen arbeitete sie in verschiedenen Architekturbüros und ist seit 2000 bei PL Architekten als Projektleiterin mit dem Fokus Design und Projektentwicklung tätig. Sie ist Mitglied und Fachpreisrichterin der AKG Architekten und seit 2012 Lehrbeauftragte an der RWTH Aachen. Als engagierte Impulsgeberin und Vortragsrednerin kooperiert sie freiberuflich mit Unternehmen und steht als aktive Netzwerkerin im ständigen Dialog mit Kreativen, Innovationsberatern und Trendscouts.

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Das gesamte Interview

Stellen Sie sich bitte kurz einmal vor. 

Nicole Bode-May: Mein Name ist Nicole Bode-May, ich bin 57 3/4 Jahre alt. Ich bin verheiratet, habe zwei leibliche Töchter und zwei Stiefsöhne. Wir leben in drei verschiedenen Städten, in fünf Haushalten. Ich bin seit über 30 Jahren Architektin mit Schwerpunkt Gesundheitsbau und mittlerweile seit 20 Jahren bei PL Architekten. Nebenberuflich habe ich einen Lehrauftrag an der RWTH Aachen mit dem Forschungsfeld Architektur und Gesundheit. Außerdem halte ich gerne Vorträge, mache Workshops und berate zu dem Thema "Klinikbau der Zukunft".

 

Warum haben Sie sich für die Baubranche entschieden?

Nicole Bode-May: Ich bin sozusagen auf der Baustelle und im Architekturbüro aufgewachsen. Mein Vater, immer selbstständiger Architekt, hat mich damals in sein Architekturbüro mitgenommen und hat mir dort viel gezeigt. Meine Mutter war selbstständige Unternehmerin. Beide waren für mich Vorbilder.

 

Wie ist die aktuelle Situation in Bezug auf Frauen in der Baubranche und wieso liegt Ihnen das Thema am Herzen?

Nicole Bode-May: Unsere Gesellschaft besteht aus 50 % Frauen, doch die Führungspositionen und die Büroinhaber sind in der Regel Männer. Das heißt, viele Aspekte, die Frauen vielleicht einbringen würden, bleiben an dieser Stelle unberücksichtigt. In der Hochschule sehe ich die Tendenz, dass immer mehr Frauen Architektur studieren, dort haben wir eine bessere Quote. Auch hier bei PL Architekten haben wir relativ viele Frauen und auch diverse Arbeitszeitmodelle und Arbeitsmodelle, die tatsächlich auch von den Männern sehr gerne angenommen und wahrgenommen werden. Ich selbst habe zwei Töchter, deswegen liegt mir dieses Thema am Herzen: Frau sein kann eine Bereicherung sein und nicht nur ein Hindernis, gewisse Berufssparten nicht zu erreichen.

 

Welche Momente im Berufsalltag bereiten Ihnen ganz besonders viel Freude?

Nicole Bode-May: Besonders viel Freude an meinem Beruf macht mir, Wissen weiterzugeben und von anderen zu lernen. Architektur ist für mich nicht mein Beruf, es ist wirklich meine Leidenschaft. Dieser Prozess des Erschaffens, vom weißen Blatt Papier, wo noch gar nichts da ist, dann kreativ zu arbeiten bis hin, dass am Ende ein Gebäude dasteht, das ich betreten kann – das spornt mich an.

 

Hatten Sie das Gefühl, dass im Laufe Ihrer Karriere Ihnen Steine in den Weg gelegt wurden oder Sie Jobs nicht bekommen haben, gerade weil Sie eine Frau sind?

Nicole Bode-May: Vielfach herrscht in der Baubranche immer noch ein veraltetes Frauenbild vor. Ich musste mich immer beweisen, musste auch immer noch eine extra Meile gehen. Auch musste ich mich oft für meinen Karrierewunsch tatsächlich rechtfertigen. "Warum möchtest du so viel Verantwortung?", wurde ich beispielsweise gefragt. Ich hätte mir eine Wie-Frage gewünscht: "Wie möchtest du mehr Verantwortung übernehmen?"

 

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Baubranche immer noch so männerdominiert ist?

Nicole Bode-May: Frauen haben im Gegensatz zu Männern nicht natürlicherweise gelernt zu netzwerken, das heißt, da besteht ein erheblicher Nachholbedarf. Erst jetzt gibt es die ersten Frauennetzwerke, wie z.B. Architektin@work.

 

Wie vernetzen Sie sich?

Nicole Bode-May: Ich selbst vernetze mich über diverse Business-Plattformen, wie z.B. LinkedIn, Xing, Twitter, competitionline, aber auch über Vorträge, die ich halte oder zu denen ich gehe. Außerdem vernetze ich mich über Vereine, wie etwa die Architektenkammer oder AKG Architekten. Zudem ist es mir sehr wichtig, zu innovativen Veranstaltungen jenseits der Architektur zu gehen, um auch dort ein Netzwerk aufzubauen.

 

Warum sollten mehr Frauen in der Baubranche arbeiten?

Nicole Bode-May: Die Baubranche ist derzeit überwiegend durch Männer geprägt. Frauen und Männer haben aber einen unterschiedlichen Fokus. Ich mag zwar kein Schwarz-Weiß-Denken, aber Frauen bringen doch in der Regel mehr soziale und emotionale Aspekte ein. Und darin liegt die Chance. Wenn sich mehr Frauen einbringen, können wir unsere Umwelt sozial vertretbarer gestalten. Die Klimabewegung hat es uns mit Greta Thunberg und Luisa Neubauer vorgemacht.

 

Welche Fähigkeiten sollte eine Frau in der Baubranche haben bzw. entwickeln?

Nicole Bode-May: Frauen, die in die Baubranche möchten, sollten auf jeden Fall keine Selbstzweifel haben. Ganz im Gegenteil, sie sollten Selbstvertrauen haben, aber auch Geduld und Durchhaltevermögen. Denn einer Frau in der Baubranche wird in der Regel nichts angeboten. Das heißt, den ersten Schritt gehen, das ist das Wichtigste, ins Machen kommen, Mut haben, vorangehen.

 

Glauben Sie, dass Frauen mehr Unterstützung in der Baubranche benötigen als Männer?

Nicole Bode-May: In der Baubranche gibt es immer noch viele Vorbehalte gegenüber Frauen: Frauen und Technik funktioniert nicht, die Rolle als Mutter wird als Hindernis gesehen und auch Emotionalität wird oft negativ bewertet. Wenn ich aber Architektur entwickeln möchte, dann hat das immer etwas mit Emotionen zu tun. In den Raum, in den ich gehe, empfinde ich etwas. Emotionen steuern die meisten unserer Entscheidungen. Das wird eben oft vergessen. Außerdem gibt es in vielen Unternehmen leider immer noch vollkommen veraltete Unternehmensstrukturen, in denen Chefs patriarchisch von oben herab regieren und sich nicht als Teil des Teams fühlen. Dort werden Frauen trotz ihrer Qualifikationen oft unterschätzt und falsch eingesetzt, müssen Zuarbeit machen und gelten dann als Mädchen für alles.

 

Können Sie aus eigener Erfahrung bestätigen, dass diverse Teams besser performen? Warum ist dies so?

Nicole Bode-May: Je diverser ein Team ist, desto unterschiedlichere Mindsets kommen zusammen, desto mehr mehrdimensionales Denken bekomme ich und desto mehr kreativen Input. Und ich gewinne durch eine Auseinandersetzung, denn wenn alle gleich ticken, dann gucken alle in die gleiche Richtung und sehen nicht, was rechts und links ist. Und so bekomme ich nicht die besten Lösungen.

 

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Architektin / der Architekt 2050 aus?

Nicole Bode-May: Wenn ich einen Blick in die Glaskugel werfen darf, wie die Architektin/der Architekt 2050 aussieht, dann bin ich mir sicher, dass wir überhaupt nicht mehr über Männer oder Frauen diskutieren oder dass wir ein Thema haben, ob Frauen in der Baubranche sein sollen oder in welcher Form. Es wird selbstverständlich sein. Auch diverse Arbeitsmodelle/Arbeitszeitmodelle werden eine Selbstverständlichkeit werden. Die Zukunft wird divers sein – in jeder Form.

 

Was würden Sie anderen Frauen in der Baubranche raten?

Berufseinsteigerinnen rate ich: Seid offen, redet miteinander, formuliert klar eure Karrierewünsche und eure Ziele mit euren Vorgesetzten, verkauft euch nicht unter Wert und bleibt gelassen.

Birga_Ziegler
Dipl.-Ing. (FH) Birga Ziegler, M.Sc. Geschäftsführerin I ilp² Ingenieure

Jungen Frauen rate ich, nicht so viel darauf zu hören, was allgemeingültig als Karriere anerkannt ist, sondern für sich selbst herauszufinden, was man am besten kann, wo die eigenen Stärken liegen – und dann genau das umzusetzen.

Sylvia_Schuster
M.A. Architektin Sylvia Carola Schuster Geschäftsführerin I Projektitekt

Ich rate jungen Architektinnen, sich Vorbilder und Mentorinnen/Mentoren zu suchen, über den Tellerrand zu schauen und mutig und selbstbewusst zu sein.

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Dipl.-Ing. Architektin AKNW Susanne Raulf Geschäftsführerin I Planungsbüro Raulf Architekten

Frauen, die in die Baubranche möchten, sollten keine Selbstzweifel haben, sondern Selbstvertrauen, aber auch Geduld und Durchhaltevermögen. Das Wichtigste ist: den ersten Schritt gehen, ins Machen kommen, Mut haben, vorangehen.

Nicole_Bode-May
Dipl.-Ing. Architektin AKG Nicole Bode-May Senior-Projektleiterin I PL Architekten