BAUBRANCHE =

MÄNNERBRANCHE?

Die Baubranche ist eine der Branchen, die als besonders männerdominiert gilt. Doch auch hier nimmt der Frauenanteil von Jahr zu Jahr zu. 

Wir haben unterschiedliche Frauen aus der Baubranche mit unterschiedlichen Berufen und unterschiedlichen Lebenswegen getroffen und uns über das Thema "Frauen in der Baubranche" unterhalten.

Warum haben sie sich für diese Branche entschieden? Wie war ihr Weg? Welche Hindernisse konnten sie meistern? Was waren ihre spannendsten Projekte? Wie sehen sie das Thema "Frauen in der Baubranche"? Was würden sie EinsteigerInnen oder generell anderen Frauen raten? Wo sehen sie die größten Chancen?

 

Sylvia_rund

M.A. Architektin Sylvia Carola Schuster

Geschäftsführerin I Projektitekt

"Ob in der Bauleitung, in der Führungsrolle, im Projektmanagement – es kommt auf die Kompetenzen an und nicht auf das Geschlecht."

Sylvia Carola Schuster arbeitet seit über zehn Jahren in der Baubranche. Nach ihrem Architekturstudium an der FH Aachen war sie mehrere Jahre in verschiedenen Büros im Bereich Planung, Bauleitung und Projektmanagement tätig, bevor sie sich 2019 als Organisationsberaterin für Architektur- und Planungsbüros selbstständig machte. Mit ihrem Unternehmen Projektitekt verknüpft sie ihr umfangreiches Bau-Know-how mit Methoden des Projektmanagements und der Anwendung branchenspezifischer digitaler Werkzeuge. Zudem lehrt sie seit 2020 an der FH Aachen im Bereich Baumanagement.

linkedin-logo_200x200     xing-logo_200x200      instagram-logo_200x200     Projektitekt_200x200

 

 

Entdecken Sie weitere Videos aus der Reihe "Frauen in der Baubranche"

» Mehr Videos entdecken

 

Das gesamte Interview

Stellen Sie sich bitte kurz einmal vor. 

Sylvia Carola Schuster: Mein Name ist Sylvia Carola Schuster, ich bin 34 Jahre alt, Architektin und aktuell in der Digitalisierungsberatung für Architekten und Bauunternehmen tätig. Außerdem lehre ich an der Fachhochschule Aachen Baumanagement. Privat bin ich leidenschaftliche Segelfliegerin und reise sehr gerne. Segelfliegen ist ein schöner Ausgleich zu meinem Job: Dort kann ich mein Organisationstalent in der Vorstandsarbeit ausleben, bringe Flugschülern das Fliegen bei, kann eine ganz neue Perspektive einnehmen und wunderbar abschalten.

 

Warum haben Sie sich für die Baubranche entschieden?

Sylvia Carola Schuster: Nach dem Abitur hatte ich zwei Ideen: Die Ausbildung zur Pilotin oder ein Architekturstudium, für das ich mich dann entschieden habe. Die Architektur habe ich gewählt, weil es eine gute Mischung aus Ingenieurwesen und einem kreativen Part ist. Toll fand ich immer die unglaubliche Vielfalt – Architektur ist ein gutes Studium für Generalisten.

 

Wie sah Ihr persönlicher Weg in die Baubranche aus?

Sylvia Carola Schuster: Ich wusste relativ früh im Studium, dass ich keine „klassische Architektin“ werden würde und Entwurf nicht meine Stärke ist. Ich war in verschiedenen Planungsbüros tätig, immer mit einem Hang zur Bauleitung, zum Generalisten. Hier habe ich gemerkt, dass ich ein starker Generalist bin und so bin ich später im Projektmanagement gelandet. Bei meinem Job als Projektmanagerin wusste ich schnell, dass mir das Thema absolut liegt, ich mich aber langfristig nicht durch dieses sehr spezielle Fachgebiet einschränken wollte. Die Gründung meines eigenen Unternehmens verbindet sehr gut meine Stärken. Jetzt habe ich mittlerweile das Gefühl, richtig angekommen zu sein bei dem, was ich gut kann und zudem wirklich gerne mache.

 

Welche Momente im Berufsalltag bereiten Ihnen ganz besonders viel Freude?

Sylvia Carola Schuster: Seit der Gründung habe ich das Gefühl, dass mir enorm viel Wertschätzung für meine Arbeit entgegengebracht wird. Sei es im direkten Zusammenhang mit einer Beratung, einem erreichten Ziel oder auch einfach in einem längeren Gespräch mit einer begeisterten Person aus der Branche. Schön war es auch, für meine Idee bei zwei Gründungswettbewerben ausgezeichnet worden zu sein.

 

Welche Hürden haben Sie auf dem Weg zu Ihrem jetzigen Arbeitsplatz gemeistert?

Sylvia Carola Schuster: Im Architekturstudium hatten wir ein sehr ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen. Dann kommt man das erste Mal auf die Baustelle und ist in einer absoluten Männerdomäne. Das ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Ich habe oft auf der Baustelle erlebt, dass Menschen um mich herum sehr vorurteilsbehaftet waren und von einem naiven, unerfahrenen Menschen ausgegangen sind, der ihnen da gegenübersteht. Manchmal macht es dann umso mehr Spaß, durch Kompetenz zu überzeugen.

 

Was halten Sie von einer Frauenquote?

Sylvia Carola Schuster: Ob in der Bauleitung, in der Führungsrolle, im Projektmanagement – ich denke, es kommt auf die Kompetenzen an und nicht auf das Geschlecht.

 

Wie wichtig ist Unterstützung bei der Karriere?

Sylvia Carola Schuster: Es ist auf jeden Fall förderlich, einen Mentor / eine Mentorin zu haben, der oder die einen auf dem Berufsweg unterstützt. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, mich auf meine Stärken zu konzentrieren und nicht ständig zu versuchen, die Schwächen auszugleichen – damit man auch seine eigene Positionierung findet und genau in dem, was man gut kann, besser wird.

 

Glauben Sie, dass Frauen mehr Unterstützung in der Baubranche benötigen als Männer und wenn ja, warum?

Sylvia Carola Schuster: Ich habe häufig den Eindruck, dass Frauen sich weniger zutrauen und mit weniger Selbstbewusstsein an die Dinge ran gehen. Das ist schade, weil sie den Job genauso gut machen könnten. Frauen brauchen Menschen, die sie dabei unterstützen, mehr an sich zu glauben und die alten Rollenbilder abzulegen. Wer Bestätigung erfährt, wird auch immer stärker und mutiger. Davon brauchen Frauen etwas mehr als Männer. Ich denke, es braucht mehr Teamleiter, Kollegen und Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern – insbesondere den jungen, weiblichen – Wertschätzung entgegenbringen und sie bestärken, damit sie es einfach ein bisschen leichter haben auf ihrem Lebensweg und mehr an sich glauben.

 

Was würden Sie jüngeren Frauen, die auch eine Karriere in der Baubranche anstreben, raten?

Sylvia Carola Schuster: Jungen Frauen würde ich raten, nicht so viel darauf zu hören, was allgemeingültig als Karriere anerkannt ist, sondern für sich selbst herauszufinden, was man am besten kann, wo die eigenen Stärken liegen – und dann genau das umzusetzen.

 

Was würden Sie anderen Frauen in der Baubranche raten?

Berufseinsteigerinnen rate ich: Seid offen, redet miteinander, formuliert klar eure Karrierewünsche und eure Ziele mit euren Vorgesetzten, verkauft euch nicht unter Wert und bleibt gelassen.

Birga_Ziegler
Dipl.-Ing. (FH) Birga Ziegler, M.Sc. Geschäftsführerin I ilp² Ingenieure

Jungen Frauen rate ich, nicht so viel darauf zu hören, was allgemeingültig als Karriere anerkannt ist, sondern für sich selbst herauszufinden, was man am besten kann, wo die eigenen Stärken liegen – und dann genau das umzusetzen.

Sylvia_Schuster
M.A. Architektin Sylvia Carola Schuster Geschäftsführerin I Projektitekt

Ich rate jungen Architektinnen, sich Vorbilder und Mentorinnen/Mentoren zu suchen, über den Tellerrand zu schauen und mutig und selbstbewusst zu sein.

Susanne_Raulf
Dipl.-Ing. Architektin AKNW Susanne Raulf Geschäftsführerin I Planungsbüro Raulf Architekten

Frauen, die in die Baubranche möchten, sollten keine Selbstzweifel haben, sondern Selbstvertrauen, aber auch Geduld und Durchhaltevermögen. Das Wichtigste ist: den ersten Schritt gehen, ins Machen kommen, Mut haben, vorangehen.

Nicole_Bode-May
Dipl.-Ing. Architektin AKG Nicole Bode-May Senior-Projektleiterin I PL Architekten